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NO RESPECT - EXKLUSIV
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Markus: O.K., haut uns erstmal die neuesten Ereignisse aus dem Hause NO RESPECT um die Ohren! Was gibt’s an Neuigkeiten bei Euch zu erzählen?
Chris: Nun, nach der letzten Scheibe "Confidence" hat es erst mal keine weiteren Veröffentlichungen gegeben, da wir alle berufstätig sind oder sonst wie eingespannt sind und wir deshalb über wenig Zeit verfügen, die wir lieber für´s live - spielen nutzen wollen. Wir waren gut unterwegs und sind gerade aufdem diesjährigen Force Attack aufgetreten. War ein nettes Fest und unser Auftritt hat uns gefallen, obwohl wir schon besser gespielt haben, aber das Publikum war super. Es war zwar noch hell, trotzdem war tolle Stimmung und allehatten ihren Spaß. In 3 Wochen gehen wir auf Tour in den Süden, in die Schweiz, nach Österreich, Norditalien, Slowenien und nach Prag. Immer nur für wenige Gigs, aber wir kommen rum. Dann fahren wir noch kurz nach Frankreich und im Oktober zum großen Redskin - Treffen nach Genf. Auch ne sehr feine Sache mit Bombenprogramm.
Markus: Ich hab eben die Ansage von Eurem Schlagzeuger gehört, wo er sagte, er fände es total geil, das so viele verschiedenen Leute wie Punks, Glatzen, Psychos, Stinos zusammen so abfeiern könnten, wie auf diesem Festival. Wie wichtig ist Euch ein – entschuldigt den ausgelutschten Ausdruck- „United“ der verschiedenen Subkulturen? Chris: Hat er wohl recht, dass das ne gute Angelegenheit ist, wenn so viele verschiedene Leute ihren Spaß zusammen haben. Da das auf unseren Konzerten oft der Fall ist, ist "unity" für uns mehr als ne Parole. Wir finden es zum Beispiel auch assig, wenn auf Gigs nur Kerle mit ner Schulterbreite von 2 Meter auf ihre Kosten kommen. In der Regel ist das Publikum bunt gemischt und so soll das auch sein. Wir in der Band kommen aus unterschiedlichen Ecken und ich merke, dass die verschiedensten Menschen unsere Sachen hören. Natürlich bewegt sich das in erster Linie in unserer Subkultur, sprich linker Punkrock, antifaschistische Skins und so, aber darum geht es uns eben auch: nicht dogmatisch irgendeiner Sache nachlaufen, sondern offen sein. Natürlich sind mir bsw.lange Haare erstmal suspekt, aber mich interessiert im Endeffekt nur wie jemand drauf ist, nicht wie er aussieht. Es gibt nun mal nette Hippiekollegen und auch mal blöde Punker, also was soll´s? Unter politischen Gesichtspunkten ist ein Szene-Dogmatismus eh Scheiße, verändern können wir Dinge nur, wenn wir uns mit möglichst vielen Leuten einig sind und zusammen was gebacken kriegen. Die so genannte "Subkultur" ist die Ecke, aus der wir kommen und in der wir teilweise seit fast 20 Jahren aktiv sind, deshalb schreiben wir auch von Zeit zu Zeit Lieder über unsere kleine und wahrlich selten heile Welt der Juzis, Szeneläden, Partys, Demos usw.
Markus: Ihr habt nen ziemlich klaren Standpunkt gegen Rechts. Ihr kann mir vorstellen, dass das je Nachdem wo man spielt nicht immer ohne Probleme abläuft- hattet Ihr schon mal Stress mit Nazis auf Euren Konzerten?
Chris: Richtigen Stress selten, vor langer Zeit gab´s mal nen Angriff in Wolfsburg, der konnte aber sehr gelungen zurückgeschlagen werden. Dass Faschisten offen auf Konzerten auftauchen passiert wenn überhaupt dann eher auf größeren Veranstaltungen auf dem Land, wo die Verhältnisse manchmal unklarer sind. Dann gibt es meist Leute, die sich dafür zuständig fühlen, aber uns ist das nicht egal und solange solche Flachpfeifen da sind gibt es kein Konzert, ist logisch. Auseinandersetzungen mit den Wichsern gibt es eher im Alltag oder auf anderen Konzerten als auf unseren eigenen Gigs.
Markus: Ihr habt schon ne Menge Konzerte mit N.R. gespielt. Bleiben Euch solche großen Festival Gigs genau so in Erinnerung wie kleine Konzerte im Juze um die Ecke, oder ist das für Euch eigentlich alles gleiche?
Chris: Nun ja, die Auftritte auf so Bühnen wie auf dem Force Attack sind schon was besonderes, einfach weil alles so riesige Dimensionen hat, es ne extra PA für die Monitore gibt, die Mischer ihr Handwerk perfekt beherrschen und es alles in allem 3 Tage Party bedeutet. Ansonsten verschwimmen die Erinnerungen im Zuge all der Konzerte ein wenig, aber besonders coole Gigs und besonders beschissene vergisst man nie. Da gab es Dinge, das glaubt einem keiner, sowohl im Guten wie im Schlechten... Konzerte in Juzis und Clubs sind oft die besten. Wenn der Laden gerammelt voll ist, das Wasser von der Decke tropft, alle durchdrehen und Band und Publikum zufrieden umfallen.
Markus: Ihr spielt mit Oi! Bands, mit Ska Bands, mit Punk Bands, mit HC Bands..gibt es eigentlich irgendwem mit denen Ihr nicht spielen würdet? Hattet Ihr vielleicht schon mal so ne ganz komische Konzert Konstellation der Marke No Respect und Freejazzband? ..O.K. vielleicht ein etwas seltsames Beispiel..
Chris: Komische Frage, denn natürlich gibt es Bands mit denen wir nie spielen würden, zum Beispiel alle Bands, die sich nicht klar nach rechts abgrenzen. Das ist für uns eine ganz einfache Grenze, von wegen "unpolitisch", "ist doch egal, nur Spaß" und so,das ist nicht unsere Welt. Es gibt viele Schweine, potentielle Killer, viele Volltrottel und Mitläufer und jeder muss sich nun mal überlegen wo er oder sie steht. Für oder gegen so nen Irrsinn, da gibt es kein "ist mir alles egal". Genauso gut könnte so jemand sich auf die Stirn tätowieren: "bin nicht ganz helle". Wir hatten schon Auftritte mit Bands aus ganz anderen Richtungen, so Rockmäßig oder Hamburger Schule oder wie das heißt, haben auch schon mal auf ner Hochzeit gestanden und auf ner Modenschau, wie das Leben so spielt eben. In der Regel kann ich aber behaupten, dass die nettesten Gigs die sind, bei denen noch die ein oder andere Offbeat- oder Punkkapelle auftaucht und alles in der Familie bleibt.
Markus: Was mir bei Euch gut gefällt, ist der Mix aus Ska und Punk, der bei Eurer Band ausnahmsweise nicht verunglückt klingt. (Normalerweise bin ich eher nicht der Freund von Ska Punk, weil da meist eine Musik in meinen Augen vergewaltigt wird). Das einzige, was dem ganzen doch jetzt noch die Krone aufsetzen würde, wäre doch mal ein deutscher Text! Warum habt Ihr da bisher noch keinen gemacht?
Chris: Sehe ich ganz ähnlich und mit vielen der amerikanischen superschnellen Combos a la Voodoo Glow Skulls kann ich null anfangen. Nichts geht beim Ska über die Specials, Madness, Selecter, Maroon Town und all die alten Heroen. Wir haben nun mal schon immer so Sachen gehört und natürlich lange Meter alten Punkrock. Nachdem wir jahrelang gelärmt haben, ist es uns in meinen Augen gelungen, zufällig eine eigene Mischung zu erschaffen, die sich mit dem Bläsersatz ganz lieblich ergänzt und zusammen unseren doch recht eigenen Sound ergibt. Allerdings wirklich nix für Ska-Puristen oder strikte Anhänger alter jamaikanischer Sachen. Mit dem deutschen Text ist das so eine Sache...als wir noch eine reine Punkband waren gab es da auch mal den ein oder anderen, aber da ich die Texte schreibe kann ich nur sagen, dass mir die englischen Sachen leichter aus der Feder fließen. Mit Deutsch tue ich mich da schwer. Es gibt so begnadete deutsche Texter (bspw. But Alive, Slime, Neurotic Arseholes und manche andere Combo), denen scheint oder schien das zu liegen, mir eben weniger. Ich finde, dass man in Englisch viele Dinge prägnanter, flüssiger und lässiger zugleich ausdrücken kann. Später erwies sich das als gar nicht so schlecht, da wir mittlerweile auch Scheiben ins Ausland verkaufen und viele Leute dort Englisch verstehen, aber kein Deutsch.
Markus: Viele Labels klagen darüber das sich englischsprachige Musik in Deutschland( besonders dann wenn sie von einer deutschen Band kommt) schwer verkauft, habt Ihr das auch schon zu spüren bekommen?
Chris: Nee, ist mir noch nicht so direkt aufgefallen. Vielleicht würden Leute eher was von uns kaufen, wenn es auf Deutsch wäre, aber andere fänden das dann wieder scheiße, keine Ahnung. Hat sich noch keiner beschwert... Im Allgemeinen verkauft sich alles schlechter, weil die Leute alle kopieren statt zu bestellen. Ist schon okay, schade finde ich nur, dass dann die Texthefte und Cover nicht dabei sind.
Markus: Wie sieht es eigentlich außerhalb von Deutschland mit dem Ruf von No Respect aus? Da ist es ja dann eigentlich schon wieder ein Vorteil, wenn man Englisch singt. Wo habt Ihr bisher schon überall im Ausland gespielt?- Und natürlich wie seid Ihr da angekommen? Wo war eigentlich Euer am weitesten Entferntester Auftritt?
Chris: Bisher waren wir im Baskenland, in Österreich und in Italien. Es war eigentlich alles wie daheim: viele Konzerte waren super, manche so lala, das ein oder andere auch mal Kacke. So ist das im Rock ´n Roll. Im spanischsprachigen Raum ist das Englische eher ein Nachteil oder egal, das ist da nicht so angesagt. Dort gibt es ohnehin eine eigene riesengroße Szene, die auf Spanisch singt. Man versteht dort oft weder Deutsch noch Englisch und ist zufrieden mit dem vielfältigen einheimischen Angebot. Zum Glück findet da nun zunehmend ein Austausch statt und viele Bands aus Spanien oder Südamerika tauchen auch hier auf. Wir haben sozusagen zusammen mit anderen Bands Pionierarbeit geleistet und es war schon super in Euskadi. Dort war auch unser abgedreht weitester Gig, denn einmal sind wir für ein einziges Konzert die 1300 Kilometer hin und wieder zurück gefahren, schon irre. Das Geld reichte um auf null zu kommen und alle waren voll im Arsch, aber das war auch ne Frage von Freundschaft mit den Leuten dort, wir wollten das so und es war gut.
Markus: Ist es eine andere Live Atmosphäre, wenn Ihr außerhalb von Deutschland spielt?
Chris: Verschieden, im Prinzip nicht, aber da uns dort weniger Menschen kennen ist es manchmal schwieriger, die Leute zu begeistern, sie warten eher erst mal ab, was die Verrückten aus Allemagne so machen. Ist aber genauso wie hier oft eine Frage davon, wie übersättigt die Leute mit Konzerten sind, wie die Stimmung in der Szene vor Ort ist usw. Ich glaube, am liebsten denke ich zurück an den irren Auftritt in ner Disco im Baskenland, der wider Erwarten ein Superfest wurde, oder an Rom, da waren mehrere tausend Leute da und es war total klasse. Ab und an gab es auch lustige Verwicklungen. In Euskadi, also im Baskenland, kann eine Ansage gegen Nationalismus auch mal ganz unerwartete Folgen haben, nämlich totale Befremdung. Aber das ist eine andere Geschichte...
Markus: Wenn man all diese Konzerte Revue passieren lässt, erinnert man sich noch an seine aller ersten Auftritte die man hatte? Erinnert Ihr Euch vielleicht sogar noch an Euer ALLER ERSTEN Auftritt mit No Respect?
Chris: Da muss ich echt mal grübeln. No Respect gab´s ja schon als Punkcombo mitteilweise anderer Besetzung. Da war der erste schreckliche Auftritt auf ner Party in einer Grillhütte im Harz. Mit Notstromaggregat und so. Mit Bläsern dürfte der erste Auftritt in Göttingen gewesen sein, im Juzi oder im T-Keller..
Markus: Bleibt denn bei all diesen Touren, den ganzen Platten und den vielen Mädelz hinter der Bühne überhaupt noch Zeit für so was Triviales wie „Arbeit“? Wenn ja, was arbeitet Ihr?
Chris: Wir machen unterschiedlichste Dinge. Einer ist Tischler und bildet junge Kerle aus, einer Müllberater oder wie das heißt, einer Selbständiger, ein anderer Tischler studiert jetzt und es gibt auch einen Lehrer und einen derzeitigen Sozialarbeiter, der junge Leute von der Strasse kratzt, wenn er nicht gerade selber da liegt.
Markus: Gibt es eigentlich Städte, wo Ihr sagt „Mensch, da müssen wir unbedingt wieder hin, weil da bisher jedes Konzert klasse für uns gelaufen ist“ So was wie ne „No Respect Hochburg“?
Chris: Schwer zu sagen, mir fallen vor allem Berlin, Koblenz, Bielefeld, und Hamburg ein aus den letzten Jahren. Aber es gab auch ne Menge anderer Ecken, wo ich gerne noch mal spielen würde. Auch ein paar, wo ich auf keinen Fall mehr hin will, nicht mal für Geld...
Markus: Wie schon eben gesagt, musikalisch mischt Ihr Ska und Punk, aber gibt es auch noch andere Musikrichtungen, die Euch beeinflussen? Was dreht sich auf dem heimischen Plattentellern der NO RESPECT Mitglieder?
Chris: Neben den genannten Sachen auch einiges an guten altem und auch modernem Soul (Inciters, Detroit Cobras), ein bisschen Reggae, auch mal Jonny Cash. Auch alte abgedrehte Dinge wie die Tubes oder die New York Dolls kommen mal dran. Die geheimen Vorlieben einiger Bandkollegen kenne ich nicht bis ins letzte, aber einer war vor kurzem auf nem Eminem-Konzert!!! Wir hatten ein grausiges Ende für ihn beschlossen, ihn rettete nur die Tatsache, dass seine Freundin ihm die Karte geschenkt hatte. Das schlimmste war, dass er es auch noch gut fand. Himmel hilf! Ist denn nichts mehr heilig heutzutage?
Markus: Wie entstehen eigentlich Eure Songs, schreibt Ihr zusammen, oder bastelt zu Hause einer rum und präsentiert am Ende ein bereits ausgearbeitetes Ergebnis, an dem Ihr dann noch den letzten Schliff legt?
Chris: Es ist eher so, dass einer ne Idee hat, sie mitbringt und im Übungsraum alle zusammen was daraus basteln, was aber auch allen gefallen muss. Manchmal entsteht spontan ein gutes Stück, ein andermal schleppen wir es monatelang mit uns rum bis es so weit ist, dass wir es gut finden. Eine Grundidee bringt aber schon immer einer mit, in der Regel der Basser oder Gitarrist. Es kommt auch vor, dass mal ein Text und die Grundmelodie vorhanden sind, so als Gerüst. Dann setzen alle Instrumente ihre Akzente und es ist eine spannende Sache, wie dann ein Lied entsteht, auf einmal alle leuchtende Augen kriegen oder deprimiert Bier an der Tanke holen.
Markus: Viele Eurer Texte sprechen die Leute denke ich mal direkt an. Das wirkt natürlich auch sehr idealistisch, wenn Ihr Euch wünschen könntet mit Eurer Musik und texten bei den Leuten etwas zu bewirken, was wäre das?
Chris: Bewusstsein für eine kritische Haltung. Gegenüber dem Staat, der Gesellschaft, den ganzen Regeln, der Verblödung und den Lügen. Allerdings auch sich selbst und der Szene und ihren Vorschriften gegenüber. Selbstgefälligkeit ist eine große Scheiße und man sollte nie vergessen, erst mal bei sich selbst zu schauen, ehe man an anderen rummault. Super wäre es auch, wenn Leute aus unserer Musik und den Texten Energie für´s eigene Leben ziehen könnten, sich verlieben würden und mit nem Lächeln durch den Tag schlendern, auch wenn überall Deppen und Bullen stehen, von denen dürfen wir uns unser Leben nicht versauen lassen.
Markus: Habt Ihr Euch eigentlich hier auch schon andere Bands angesehen? Wer ist für Euch die bisher absolute Überraschung gewesen? Für mich haben hier Daily Terror und Klasse Kriminale auf der Bühne gezaubert, dass es eine reine Freude war- und damit hätte ich nach deren letzten Shows die ich gesehen habe nicht gerechnet!
Chris: Die haben wir leider beide verpasst. Stage Bottles fand ich prima, auch Terrorgruppe, die Argies und einige andere. War schon ein gutes Fest, von der Stimmung her fand ich es besser als das Jahr davor, nicht ganz so fertig, obwohl Sonntagnacht noch viel Randale und Abzocke gelaufen sein muss (siehe auch Force Attack Homepage).
Markus: Wo kriegt man eigentlich so nen schicken Schlüpfer her, den du mir beim Force Attack geschenkt hast ..No Respect goes Village People?!
Chris: Nicht direkt. Ich hatte das alles vergessen, aber Passanten konnten mich darüber aufklären, dass unser Freund Joschi von ZSK mir das Teil geschenkt hat, der es wohl von Extrabreit bekam. Als ich den Schlüpfer in meiner Tasche fand war ich echt kurz mal ratlos und für meine Verhältnisse recht still. Was für ein abgedrehtes Stück Reizwäsche...
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