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Florian von BOOTS & BRACES aus der #4
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BOOTS AND BRACES gehören wohl zu den ältesten Bands der deutschen Oi! Bewegung. Allerdings machte man sich mit dem, was man tut nicht unbedingt immer Freunde und es kann vorkommen, dass viel geredet wird... Gerade jetzt nach ihrem aktuellen Release dachte ich mir, es wäre interessant, mal mit den Walzwerkern über Vergangenes, Gerüchte und Zukunftspläne zu reden...
Markus: Euer aktuelles Album "11 Pints of Oi!" ist auf Metal Enterprises erschienen. Warum habt ihr die Platte denn nicht einfach auf euerm hauseigenen Label Walzwerk Records veröffentlicht?
Florian: Mit Boots&Braces waren wir bis zum letzten Album noch bei Metal Enterprises unter Vertrag - das war aber das letzte Album, der Vertrag ist also erledigt. Wenn wir wieder was machen, bringen wir`s auf alle Fälle bei selber `raus - oder ein Label, mit dem wir 100% zufrieden sind und gut zusammenarbeiten können.
Markus: Was mich irritiert ist, das Boots and Braces von sich sagen, dass es eine unpolitische Band ist, dann aber auf einem Sampler sind ("6 für Deutschland"), auf dem dann auch Bands wie "Saccara" oder "Kahlkopf" vertreten sind, die ja wohl nicht unbedingt als "unpolitisch" zu sehen sind. Der Sampler erschien übrigens ebenfalls auf Metal Enterprises. Wusstet ihr nicht, mit welchen Bands ihr auf den Sampler kommt, und warum seid ihr danach noch bei Metal Enterprises geblieben?
Florian: Von der Bandzusammenstellung und wie der Sampler aussehen und heißen soll, wussten wir vorher nichts. Metal Enterprises hat eben leider Rechte für die Lieder gehabt. Der Vertrag mit Metal Enterprises lief über mehrere Platten und Jahre, wir wären gerne früher ausgestiegen, ging aber leider nicht!
Markus: Wo wir dann schon mal beim Thema sind: Ist es wirklich wahr, dass ihr mal mit Skrewdriver gespielt habt? Ich hab das mal in `nem Zine gelesen, aber ich finde es immer noch besser, das von den Betroffenen selber zu hören anstatt irgendetwas ungefragt zu "fressen".
Florian: Kannst du glauben, das ist wahr.
Markus: War das nicht scheiße? Bereut ihr das im Nachhinein? Wie ist es überhaupt dazu gekommen?
Florian: Nein, bereuen wir nicht, war gar nicht scheiße, war ein ganz nettes Erlebnis. Wir waren damals in London und eigentlich für einen Gig zusammen mit anderen Bands gebucht. Das Konzert wurde kurzfristig abgesagt und ein Wochenende später mit Skrewdriver als neue Hauptband neu organisiert. Zu der Zeit waren die Grenzen in der Skinheadszene in Bezug auf Politik weit fließender als heute, also kein Grund sich darüber Gedanken zu machen.
Markus: ...anderes Thema: Walzwerk Records hatte ja vor gar nicht langer Zeit sein 10-jähriges Bestehen gefeiert. Was plant ihr für die Zukunft?
Florian: Tja, mittlerweile hat sich ja bei Walzwerk einiges getan. Matt und Anke haben den Laden im April letzten Jahres aufgelöst, bevor er ihnen über den Kopf wächst. Im Oktober schickten sie aber schon wieder einen Fragebogen an ihre Kunden, um herauszufinden, auf welche Art sie weitermachen sollen. Ganz aufhören wollen sie also doch nicht. Als nächstes bringen sie die zweite Scheibe der irischen Band "Skint" heraus.
Markus: Ihr seid ja mit Sicherheit nicht mehr der kleine Versand aus dem Raum Stuttgart, zumal - wie eben gesagt - es euch ja eh nach Irland verschlagen hat. Wenn man das mal so fragen darf, wie laufen die Dinge in geschäftlicher Hinsicht. Wohin vertreibt ihr überall?
Florian: Walzwerk war am Schluss wohl einer der größten Mailorder im Bereich Oi! und Punk weltweit. Matt und Anke arbeiteten fast rund um die Uhr. Nebenbei hatten sie aber eben noch Kinder - und um das alles unter einen Hut zu bekommen (ohne Hobbies und Freizeit) war einfach alles zuviel. Ich selbst habe das Gewerbe Walzwerk Deutschland (Produktion) schon letztes Jahr abgemeldet. Der Versand wurde in den letzten 5 Jahren nur noch von Irland aus gemacht. Die beiden haben den Laden wirklich ganz schön ausgebaut, im Gegensatz zu den Anfängen! Die Platten haben sie in der ganzen Welt verschickt. Sie haben Stammkunden aus Hong Kong, Neuseeland, Brasilien, Phillipinen... und eben aus Deutschland/Europa und Amerika!
Markus: Was war denn überhaupt der Grund für Matt und Anke nach Irland zu gehen?
Florian: Matt und Anke waren schon immer sehr an Irland interessiert. Matt hat da mal eine Weile als Zimmermann gearbeitet. Als mit dem ersten Kind dann irgendwann ihre Wohnung zu klein wurde und Anke noch eine Dolmetscherausbildung abgeschlossen hatte, dachten sie, es wäre Zeit mal noch was anderes zu sehen, als Hohenlohe - wo beide nicht gebürtig und 100%ig heimisch waren. Außerdem wollten sie an`s Meer... also - genug gute Gründe, um einfach mal so "kurz" nach Irland auszuwandern...
Markus: Es ist aber, wenn ich richtig informiert bin, nicht so, dass die ganze Band in Irland lebt. Wie organisiert ihr die Proben für Boots and Braces, wie oft wird auf Grund der großen Entfernung überhaupt noch geprobt?
Florian: Das ist der Schwachpunkt unserer Band - ansonsten würde bei uns mit Sicherheit mehr laufen. So proben wir hier in Deutschland nur instrumental, kurz vor einer Tour kommt Matt rüber und singt dazu. Die alten Lieder die wir auf Konzerten spielen sind kein Problem - schwierig ist`s mit den neuen Stücken. Deshalb hat es auch mit der letzten CD so lange gedauert...
Markus: Mittlerweile seid ihr ja eine der ältesten Bands in diesem "Geschäft". Da hat man natürlich auch Höhen und Tiefen durchlebt. Was war das größte und was das ernüchternste/schlimmste Ereignis in der Geschichte von B&B?
Florian: Es gab viele "größte" Ereignisse, z.B. die ersten Ungarn Konzerte, erste eigene Single usw. Insgesamt gesehen war die erste USA Tour wahrscheinlich "das größte" zusammenhängende, war wir in mit der Gruppe erlebt haben. Die schlechten Sachen hab` ich verdrängt... das waren kurzfristig abgesagte Konzerte, Interviews im Bezirk 7 (...) und immer wieder Steine im Weg. Ganz scheiße war zum Beispiel das vom Land verbotene Jubiläumskonzert im Sommer 1993 als wir Business und Elite zum erstenmal nach Deutschland holen wollten. Da war alles schon fix und fertig organisiert, 500 Karten im Vorverkauf, Plakate gedruckt, Erlaubnis von der Stadt... und dann kam doch irgendjemand "wichtiges" darauf, dass so ein "Naziaufmarsch" doch lieber nicht stattfinden darf! Markus: Das erinnert mich irgendwie an ein Konzert im Bochumer "Riff" (oder so), da wollte ich B&B nämlich live sehen und plötzlich stand die Antifa vord der Tür und verhinderte das ganze mit der Begründung, dass es sich ja bei B&B um ganz böse Nazis handele. Am gleichen Tage war übrigens auch in D.Dorf ein Rechtsrock Konzert (einer wirklich rechten Band) auf das sich die Antifa nicht getraut hatte... Schnell wieder zu angenehmeren Dingen! Springtoifel sind ja auch ein Urgestein des Oi! aus Deutschland, besteht Kontakt zu den "Mainzeldroogs", wenn ja, wie sieht der aus?
Florian: Ja, wir kennen uns schon lange. Kontakt besteht, aber eher lose. Spätestens zu Weihnachten erinnern wir uns aber immer wieder gegenseitig... Bisher haben wir aber erst zweimal zusammengespielt, in München fand nach langer Zeit endlich mal wieder ein "Zusammentreffen" statt.
Markus: Nach dem Release von 11 Pints of Oi! hattet ihr ja einige Gigs in Deutschland gespielt. Spielt ihr auch in der neuen Wahlheimat deines Bruders - Irland? - Live? Wie sind die Konzerte dort?
Florian: Leider haben wir dort noch nie gespielt. Geplant ist es allerdings schon lange - nur noch nicht verwirklicht, weil es bisher urlaubstechnisch mit allen aus der Band nicht vereinbar war. Allerdings wäre das auch nur ein Urlaub, wir würden nur in Pubs oder kleinen Bars spielen, wahrscheinlich ohne Gage. Wie diese Konzerte wären, wüsste ich selber gerne - aber wir wollen diese Erfahrungen auf alle Fälle so schnell wie möglich machen.
Markus: Wie sieht die Oi!-Szene insgesamt in Irland aus?
Florian: Soweit ich weiß sehr, sehr mager! In Dublin und Belfast sind wohl die Hochburgen und auch die haben wohl nicht so große Szenen. Allerdings kommen jetzt immer mehr Bands nach England (meistens nur für 1 oder 2 Konzerte) und da ist anscheinend ordentlich was los, bei Business, Dropkick Murphys, Sham 69, Cockney Rejects...
Markus: Eine Frage, die Du bestimmt schon tausendmal gefragt worden, vielleicht auch schon satt bist: Der Release der "Tonstörung" - LP auf Walzwerk. Warum habt ihr das gemacht, der Höhnie von Höhnie Rec. sagte mal in einem Interview (beruhend auf einem Telefongespräch, das er und sein Bruder mal hatten), ihr hättet ein Demo Tape bekommen auf dem nichts politisches drauf war, als dann allerdings die Masterbänder für die Pressung vorlagen, fand sich das eine oder andere nicht ganz so unpolitische Lied wieder. Warum habt ihr das Ding trotzdem rausgebracht und nicht einfach "Nein" dazu gesagt?
Florian: Aus damaliger Sicht und Situation war es damals zu spät, das ganze zu stoppen bzw. zu ändern. Hinterher ist man immer schlauer!
Markus: Wie würdet ihr heute handeln, die ihr noch mal die Wahl hättet, die Platte rauszubringen?
Florian: Selbstverständlich noch mal neu abmischen, weil der Bass etwas zu schwach rüberkam!...außerdem würde ich die Gitarre doppeln und die Chorgesänge sollten verfeinert werden...
Markus: Ich höre die engstirnige, nicht fähig von Ironie vo Ernst zu unterscheidende PC-Front gerade platzen, hehe .. Thema Fußball: auf dem neuen Album ist ja auch wieder ein Lied über den Sport Nummer 1 ("Fußball ist unser Leben"). Geht ihr noch zum Fußball - Remember "VFB"?
Florian: Ja, ab und zu - Allerdings eher selten - weil es ganz einfach für zu viel Eintrittsgeld sehr wenig zu sehen gibt und für mich, weil ich ziemlich außerhalb von Stuttgart wohne, fast der ganze Samstag draufgeht. Ich geh dafür öfter zu SSV Gaisbach/Kreisliga A, das ist lustiger und schöner. Außerdem kann ich die Namen der Spieler alle nicht aussprechen, ohne mir die Zunge zu brechen! Allerdings nehme ich die Leckerbissen beim VFB schon noch mit, wenn`s geht. Leider konnte ich nicht nach Edinburgh und auch mit Innsbruck klappt es bei mir nicht (weil wir am nächsten Tag einen Gig haben, Matze rüberkommt und wir diesen Tag zum Üben nutzen müssen). Ich hoffe auf die nächste Runde UEFA Cup, da bin ich spätestens wieder dabei!
Markus: Ihr spielt ja auch desöfteren Konzerte in Amerkika.Wie beurteilt ihr die Szene in den USA?
Florian: Naja, so oft spielen wir auch nicht dort drüben! Bis jetzt haben wir zweimal getourt im Abstand von 4 Jahren. Die Szene und die Leute sind im Großen und ganzen, wie in Europa auch, von allem und allen gibt es etwas. Ich finde die Unterschiede nicht so groß.
Markus: Wenn ihr sort tourt, spielt ihr da alle Songs auf englisch oder bekommen die Leute da auch eure deutschen Lieder zu hören?
Florian: Wir versuchten es immer in halb deutsch und in halb englisch. Ein paar unserer Stücke haben wir dazu ins englische übersetzt.
Markus: Und wie kommen die deutschen Lieder an?
Florian: Insgesamt kam das sehr gut an, glaube ich.
Markus: Was wird man demnächst von Boots and Braces und Walzwerk hören?
Florian: Wir hoffen noch dieses Jahr wenigstens eine Single an den Start zu bringen, ansonsten sind die Gigs im Oktober wohl die einzigen in diesem Jahr gewesen. Wir planen aber schon für 2001, zB. den Irland/England Ausflug und wieder eine komplette Deutschland Tour!
Markus: O.K. das war`s Florian! Danke für deine offene und vor allem ehrliche Art, mir die Fragen zu beantworten! |
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